N°13: Alles Brassaï überall
Text: Lea Sauer, Leipzig
Gestaltung: Marina Gärtner, it’s mee, Basel
Lyrik: Angelika Overath, Sent
Eng, schmutzig, dunkel, betonhart – ein Essay über ein anderes Paris.
Appetizer
…
Paris kann wirken wie ein dunkles Meer. Du lässt dich fallen, du tauchst hinein, du streifst alles ab. Deine Art zu reden, deinen Humor, deine Art zu trinken, zu essen, deine Mutter, deinen Vater, Kleidung aus Polyesterstoff, ein Abend vor dem Fernseher – alles streifst du ab. Und dann bist du nur noch du. Denkst du. Das bist wirklich du. Aber die Vergangenheit hängt dir nach.
Auf der anderen Seite des Flurs befindet sich ein Raum, in dem alle jemals dagewesenen Migrationsströme des letzten Jahrtausends nach Frankreich von A wie Andalusien bis Z wie Zentralafrika dargelegt werden sollen. Gut, wir verstehen also: Frankreich ist ein Einwanderungsland. Die Vernetzung von Ländern ist offenbar weltumarmend und älter als alle Nationen der Welt. An den Wänden zeichnen leichte Wellen die Bewegungen der einzelnen Gruppen nach. Eine auf- und abschwellende Frequenz einmal um alle vier Wände.
Auszug aus ALLES BRASSAI ÜBERALL von Lea Sauer
Lea Sauer, Leipzig
Lea Sauer studiert am Deutschen Literaturinstitut in Leipzig, promoviert zeitgleich in französischer Literaturwissenschaft und beschäftigt sich in dem Zusammenhang intensiv mit Flaneur und Stadtgeschichte in der zeitgenössischen Literatur (auch über den francophonen Raum hinaus). Derzeit schreibt sie vor allem Essays und arbeitet an einem Roman. Ansonsten arbeitet sie auch gerne auch grenzübergreifend, so wie derzeit an einem Theaterfestival in Leipzig, an dem sie als Autorin teilnimmt.
it’s mee, Basel
it’s mee wurde 2015 von Marina Gärtner und Ephraim Ebertshäuser in Basel gegründet. Beide sind Inhaber und Gestalter und arbeiten seit 2010 zusammen.
Als Büro liegt ihr Schwerpunkt in der ganzheitlichen Konzeption und Gestaltung visueller Identitäten, Publikationen und Plakaten. Ihre Arbeitsweise beginnt mit der Recherche, die in ihrer Intensität kontextualisiert und zum integralen Teil des Gestaltungsprozesses wird. Typografie ist ein wesentliches Gestaltungsmittel, mit dem Anspruch sie massgeschneidert zu verwenden. Das Duo begleitet und realisiert Aufträge aus den Bereichen Kunst, Kultur, Soziales und Wirtschaft. Je nach Projekt mit Partnern aus einem Netzwerk, das gemeinsam aufgebaut wurde und sich weiterentwickelt.
Basel ist nach Stuttgart der zweite Standort ihrer Zusammenarbeit. Dort initiierten sie interdisziplinäre Projekte (it’s mee gallery), kuratierten Ausstellungen (TRANSMEMBRAN und IMPORT = EXPORT) und gründeten einen eigenen Verlag (Prima. Publikationen).
Angelika Overath, Sent
Nebst ihren Klassikern Alle Farben des Schnees. Senter Tagebuch, Flughafenfische, Nahe Tage, Sie dreht sich um oder zuletzt Ein Winter in Istanbul hat Angelika Overath zahlreiche weitere Bücher, Reportagen und Essays veröffentlicht. Dafür wurde sie mit verschiedenen Stipendien und Preisen bedacht, darunter auch dem Egon-Erwin-Kisch-Preis für literarische Reportagen (2006) und dem Ernst-Willner-Preis beim Ingeborg Bachmann-Wettbewerb (2006). Angelika Overath studierte Germanistik, Geschichte und Italianistik an der Universität Tübingen und promovierte mit einer Arbeit über die Farbe Blau in der modernen Lyrik. Overath lebt seit 2007 mit ihrer Familie in Sent.