N°12: Jus de pommes six feet under
Text: Max Küng, Zürich
Gestaltung: Manu Krebs, Dimitri Bruni, Norm, Zürich
Lyrik: Alke Stachler, Augsburg
Ein Mann geht aus dem Haus, um eine Cigarette zu rauchen, kehrt zurück, und hat Durst.
Appetizer
…
Unter Pauls Füssen sind Dutzende, Hunderte Regenwürmer an ihrer Arbeit. Er hört sie nicht. Er sieht sie nicht. Er weiss von nichts. Er steht bloss im Wald und fragt sich, was er eigentlich dort macht, eine Cigarette zwischen den Lippen, denn um die zu rauchen war er ja aus dem Haus gegangen, um zu rauchen und ein bisschen Ruhe zu haben, sich vom Streit zu erholen, den er gehabt hatte mit seiner Frau aus nichtigen Gründen. Die Regenwürmer sind nicht alleine. Ganz und gar nicht. Eine Vielzahl von Gliedfüsslern verrichtet ebenfalls ihr Werk. Hundertfüssler. Tausendfüssler. Ameisen. Asseln. Spinnen. Schnecken. Käferlarven. Rädertiere. Springschwänze. Zudem Abertausende von Milben auf kleinstem Raum. Millionen von dünnen, sich windenden Fadenwürmern. Billionen von Bakterien und Pilzen und Algen. Würde man Paul fragen, wie der Ort sei, an dem er sich gerade aufhielte, wie ihm die Natur vorkomme, was sein Eindruck von ihr sei, dann würde er sagen, sie sei «still» und «beruhigend» und vielleicht sogar «langweilig», denn solche Dinge sagte man über die freie Natur. Dabei hat er nicht die leiseste Ahnung, ws direkt unter ihm geschieht, welch ein geschäftiger Betrieb herrscht, welch kreuz und quer stattfindendes Gewusel dort stattfindet.
Auszug aus JUS DE POMMES SIX FEET UNDER von Max Küng
Max Küng
Max Küng wurde am 9. März 1969 in Maisprach (BL) geboren. Vater Otto: Landwirt. Mutter Erna: Hausfrau. Drei Geschwister. Nach einer KV-Ausbildung auf einer Bank in Liestal (SBG) und einer anschliessenden Ausbildung zum Computerprogrammierer (Cobol II) bei einer Bank in Basel (Bankverein) folgt eine Anstellung als Debitorenbuchhalter bei der Kirschgarten-Druckerei in Basel, die kurz danach Insolvenz anmeldet. Dann Ringier Journalistenschule in Zofingen. 1998 erster Artikel für Das Magazin. Daneben mit Emanuel Tschumi grafische Tätigkeit (siehe Buch «Benzin – Junge Schweizer Grafik» von Thomas Bruggisser und Michel Fries, Verlag Lars Müller) und als DJ tätig. Als solcher, erste Arbeit am Stadttheater Basel: Soundtrack zu Stefan Bachmanns «Merlin» (1998). Es folgen noch diverse Shakespeares mit Stefan Bachmann sowie Soundtracks für Tanzstücke von Joachim Schlömer in Basel, Salzburg, Essen und Jekaterinenburg.
PS: Max Küng schreibt seine 20 Jahren seine legendären Kolumnen für das «Das Magazin» und versüsst damit seinen vielen Fans regelmässig den Start ins Wochenende (Danke dafür!) Seine Texte sind Kult und seine Bücher heissen: «Die Rettung der Dinge» (Kein&Aber), «Wenn du dein Haus verlässt, beginnt das Unglück» (Kein&Aber), «Wir kennen uns doch kaum» (Rowohlt), «Einfälle kennen keine Tageszeit» (Edition Patrick Frey), «Pensive Racing Drivers» (Edition Patrick Frey) und «Buch No. 2» (Edition Patrick Frey).
Norm
Dimitri Bruni and Manuel Krebs studied graphic design at the School of Applied Arts in Biel-Bienne. Established together the graphic design studio NORM in 1999. In 2005 Ludovic Varone joined the studio. Norm focuses on designing and publishing books and typefaces. Book design includes self-commissioned research in the field of type and graphic design, the most relevant being ‘Norm: Introduction’ (2000) and ‘Norm: The Things’ (2002). Commissions include numerous collaborations with museums (Tate Modern; Louvre; Kunsthaus Zurich; Museum for Gestaltung Zurich) and artists (Fischli & Weiss; Simon Starling; Christian Marclay; Kelley Walker; Shirana Shahbazi; ). Examples for type design include the ‘Simple’ typeface for Cologne/Bonn airport (2003), the corporate typeface for OMEGA watches, the typeface ‘Replica’ (2008, lineto.com), the corporate typeface for Swatch (2010) and the typeface ‘Riforma’ (2018, lineto.com). They are regularly teaching at art and design schools such as ECAL in Lausanne. Norm have received numerous awards such as the Swiss Confederate Design Award 2000 and 2002, the Design Award Switzerland and the Jan Tschichold Prize in 2003. In 2011, Norm was awarded the Grand Prix Design by the Swiss Government.
Alke Stachler
Geboren 1984 in Temeswar / Rumänien, lebt seit 1990 in Deutschland. Studium der Englischen und Neueren Deutschen Literaturwissenschaften sowie Kunstgeschichte in Augsburg und Swansea / Wales. Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien, z. B. Lyrik von Jetzt 3, Akzente, Der Greif. 2016 erschien der Gedichtband dünner ort (edition mosaik, Salzburg), der in Kooperation mit der bildenden Künstlerin Sarah Oswald entstand. 2016 Co-Organisatorin die Lesereihe «Junge Literatur aus Europa» für das Augsburger Brechthaus, 2017 Leitung einer Lyrikwerkstatt an der Universität Augsburg.