N°33: VIER GÄRTEN
Erzählung: Anna Ospelt, Vaduz
Gedicht: Doris Vogel, Eislingen/Fils (D)
Gestaltung: Ralph Schraivogel, Zürich
Anna Ospelt taucht in ihre Kindheit ein und verwebt Vergangenes mit Gegenwart, Realität mit Fantasie.
Appetizer
VIER GÄRTEN
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Die Luft in der Kirche war von Weihrauch durchzogen und Monika mit der Stupsnase fiel regelmässig in Ohnmacht. In der hintersten Reihe sassen vier Dorffrauen mit dünnen Haarknödeln, welche die im Sommern schwitzenden und schwatzenden, im Winter tropfenden und niesenden Kinder in Kauf nahmen, um bloss keinen Gottesdienst zu verpassen.
Der Pfarrer erzählte schöne Wüstengeschichten, in welchen die Männer weite Kleider trugen und Könige aus goldenen Kelchen tranken. Davon, dass er einer jungen Frau im Minirock statt einer Hostie einen grünen Apfel gegeben hatte. Ich verstand nicht, was er damit meinte, ahnte jedoch das Unheil, das ein kurzer Rock über das Dorf bringen könnte.
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Auszug aus der Erzählung »VIER GÄRTEN« von Anna Ospelt.
Anna Ospelt
Anna Ospelt, geboren 1987 in Vaduz, wo sie heute lebt. Studium der Soziologie, Medien- und Erziehungswissenschaften in Basel. Anna Ospelt publiziert seit 2011 Kurzgeschichten und Lyrik in Literaturmagazinen und Anthologien, 2015 erschien «Sammelglück. Sammlerinnen und Sammler in Liechtenstein. 10 Portraits» (Bucher Verlag). Für «Wurzelstudien», das 2022 im Limmat Verlag erschien, erhielt Anna Ospelt diverse Auszeichnungen, unter anderem im Rahmen des Deutschen Preises für Nature Writing, vom Literarischen Colloquium Berlin, vom Kulturausschuss beider Basel und dem Clemens Brentano Preis der Stadt Heidelberg (Nomination).
Foto: © Ayse Yavas
Ralph Schraivogel
Ralph Schraivogel, geboren 1960, besuchte von 1977 bis 1982 die Grafikfachklasse an der Kunstgewerbeschule Zürich, wo er unter anderem Schüler von Jost Hochuli war. Gleich anschließend eröffnete er sein eigenes Atelier in Zürich. Von 1983 bis 2006 prägte er das Erscheinungsbild des Filmpodium Zürich. Neben Arbeiten für zahlreiche Schweizer Kulturinstitutionen entwirft er seit 1984 regelmässig Plakate für das Museum für Gestaltung Zürich. Besondere Aufmerksamkeit bekamen die Plakate für das Festival des Afrikanischen Films, Cinemafrica 1989–2006. Werke von Ralph Schraivogel sind in internationalen Sammlungen vertreten, unter anderen im Museum of Modern Art in New York und im Stedelijk Museum in Amsterdam.
Er ist Jan Lenica- und Yusaku Kamekura-Preisträger und gewann 2016 den Schweizer Grand Prix Design des Bundesamts für Kultur. Von 1992 bis 2001 unterrichtete Ralph Schraivogel an der Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich und war 2000/2001 Gastprofessor an der Hochschule der Künste Berlin. Seit 2003 unterrichtet er an der Hochschule Luzern.
Foto: © Andri Pol
Doris Vogel
Doris Vogel, geboren 1988, aufgewachsen im oberschwäbischen Aulendorf, studierte Kunsterziehung und Freie Kunst (Malerei/Grafik) bei Gustav Kluge, Jonas Burgert und Marcel van Eeden an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe und Germanistik am KIT. 2011 erhielt sie das Reisestipendium der Vereinigung der Freunde der AdBK. Ihre Arbeiten wurden unter anderem in der Städtischen Galerie im Alten Bau in Geislingen, der Galerie Bodenseekreis in Meersburg, dem Museum im Kornhaus in Bad Waldsee und der Galerie OH in Karlsruhe gezeigt. Doris Vogel lebt als Malerin, Lyrikerin und Kunsterzieherin in Eislingen/Fils.
Foto: © Reiner Leuthaeuser
www.dorisvogel.de