N°21: wind und blau und nacht und schwarz
Text: Anna Stern, Zürich
Gestaltung: Jacques Borel, Zürich
Onething: Sabina Naef, Luzern
hannah fabian und die elfe. eine erzählung.
Appetizer
…
da ist, zuerst, vor allem, über allem: der lärm. das dröhnen. das donnern. das surren. das brummen. das trommeln, wie feiner regen auf dem dach. das kaum wahrnehmbare pfeifen des marderschrecks. manchmal das tösen eines wasserfalls; oder die tiere im wald, das rascheln im unterholz. wie kann. alles nur im kopf, heisst es. das rattern. das knistern. das zischen der feuerbälle. das einschlagen der bomben. alles nur im kopf. das gras wächst, kniehoch, hüfthoch, moos und efeu an den wänden, wasserflecken selbst jetzt, in der sommerlichen trockenheit. und: risse im beton, fein zuerst, nur mit der lupe sichtbar, nah, ganz nah, dann verzweigt und grösser, spinnweben, geheime schrift an ihrer wand.
die elfe sagt: klinik. oh. hannah wartet, geht dann raus, um zu telefonieren. sie hätte von sich aus ja nicht, doch so. schickt frank mit einer tablette und einem glas wasser zur elfe zurück. schaut ihm einen moment nach, hofft, dass: sei vorsichtig, denkt sie. geht dann durch den saal und in den hinterhof. der abend, die hitze drückt. mona und felix. lukas, bitte. sie nimmt das mobiltelefon aus der kitteltasche. er schreibt bloss: kann nicht. sie warten auf dich. tut mir leid. als ob. als ob. arschloch, du verdammtes arschloch, du.
AUSZUG AUS wind und blau und nacht und schwarz VON ANNA STERN (Gewinnerin des Schweizer Buchpreises 2020)
Anna Stern
anna stern (*1990) doktoriert und schreibt in zürich. zuletzt erschienen: wild wie die wellen des meeres (2019, salis), beim auftauchen der himmel (2018, lectorbooks), der gutachter (2016, salis).
Sabina Naef
Sabina Naef wurde 1974 in Luzern geboren. Ab 1994 studierte sie in Lausanne und Zürich Germanistik und Romanistik, bis zum Erscheinen ihres Débuts «Zeitkippe» 1998. Ihr zweiter Lyrikband «tagelang möchte ich um diese Ecke biegen» wurde 2001 publiziert. 2005 erschien bei der Edition Korrespondenz in Wien «leichter Schwindel», ihr dritter Lyrikband. Daneben veröffentlichte sie auch Kurzprosa und Dramolette in Literaturzeitschriften. Mehrfach arbeitete sie mit bildenden KünstlerInnen und MusikerInnen zusammen, so wurden zum Beispiel 2010 Gedichte von ihr durch den Komponisten/Klarinettisten Claudio Puntin und das Lucerne Jazz Orchestra vertont und die CD «Berge versetzen» im KKL Luzern uraufgeführt. (Foto: © Silvio Keller)
Jacques Borel
1979: geboren in Neuchâtel. 2000–04: ECAL (Ecole Cantonale d’Art de Lausanne). 2004: Diplom «Designer HES Communication visuelle». 2005–08: Wohnort Amsterdam. 2008–Heute: Gründung von Jacques Borel, Visuelle Kommunikation, Zürich. Kunden (Auswahl): Bundesamt für Kultur, Bern | Design Biennale Zürich | HKB, Bern | Hyperwerk, FHNW, Basel | Keystone-SDA, Zürich | Landesmuseum, Zürich | Migros Kulturprozent, Zürich | Museum für Gestaltung, Zürich | Strauhof Museum, Zürich | ZHdK, Institute for the Performing Arts and Film. (Foto: © Lucas Ziegler)